BDNF (brain derived neurotrophic factor) spielt eine wichtige Rolle bei der Ausbildung funktioneller Synapsen und damit bei der Etablierung von Signalleitungen im Nervensystem. Diese Wirkung des BDNF auf zellulärer Ebene ist die Grundlage für seine Beteiligung an Lernen, Langzeitgedächtnis und abstraktem Denken.
Im ausgereiften Gehirn wird BDNF vor allem im Hippocampus gebildet, einer Hirnregion, die an Lernen und Gedächtnis zentral beteiligt ist. BDNF kann die Blut-Hirn-Schranke passieren und aus dem Gehirn ins Blut übertreten. Studien zeigen, dass die BDNF-Konzentration im Serum mit dem Volumen des Hippocampus korreliert und ein (z.B. stressassoziierter) Rückgang des Hippocampus-Volumens ein Absinken von BDNF im Serum zur Folge hat. Dieser Zusammenhang ist signifikant, obwohl BDNF in größeren Mengen auch von Thrombozyten gebildet und freigesetzt wird.
Neue Studien zeigen, dass bei Gesunden akuter Stress die BDNF-Expression und die BDNF-Serumkonzentration steigert. Man geht davon aus, dass dieser BDNF-Anstieg Teil der physiologischen Stressadaptation ist und den schützenden Effekt von BDNF auf das Nervensystem widerspiegelt. Auch eine interne Auswertung des IMD zeigte eine signifikante Korrelation zwischen Stressmerkmalen und BDNF-Konzentration im Serum.
Des Weiteren beobachtete man in Tierversuchen eine antidepressive Wirkung von exogen appliziertem BDNF. Zusammengefasst charakterisieren die aktuellen Daten BDNF bei akutem Stress als einen Resilienzfaktor
Bei chronischer Stressbelastung hingegen ist ein charakteristischer Rückgang der BDNF-Konzentration im Serum zu beobachten. Man interpretiert diesen Abfall als eine Erschöpfung der Resilienz. Gleichzeitig wird die geringe BDNF-Synthese als Mitursache für die klinischen Manifestationen von chronischem Stress im zentralen Nervensystem diskutiert, sowohl für psychische Symptomatiken (z.B. Burnout, Depression) als auch neuroanatomische Veränderungen (Rückgang des Hippocampus-Volumens). Besonders prädisponiert sind dabei möglicherweise Patienten, die einen Polymorphismus im BDNF-Gen tragen. Dieser ist mit einer stärkeren Cortisol-Ausschüttung bei Stressreizen assoziiert (siehe Diagnostik-Information 257).
Patienten mit Depressionen zeigen niedrige BDNF-Blutspiegel, wobei die Verminderung bei Patientengruppen mit Posttraumatischem Stress-Syndrom und Burnout am stärksten ausgeprägt ist. Ebenfalls signifikant erniedrigte BDNFSpiegel zeigen Patienten mit Schlafstörungen im Vergleich zu Kontrollpersonen mit gesundem Schlaf. Dabei korreliert der BDNF-Gehalt mit der Schwere der Schlafstörung.
Bestimmte Darmbakterienstämme, so genannte Butyratbildner, vergären Ballaststoffe und komplexe Kohlenhydrate zu Butyrat, einer kurzkettigen Fettsäure, die nach Verteilung über den Blutkreislauf im Hippocampus die BDNF-Expression steigert. Dieser Interaktion zwischen Darmmikrobiom, Butyrat, BDNF und Resilienz gegenüber Stress wird eine Rolle bei der Entstehung depressiver Symptomatiken zugeschrieben.
Neben Ballaststoffen können weitere Nahrungsbestandteile die BDNF-Bildung beeinflussen. Günstige Effekte sind für Omega-3-Fettsäuren, Zink und Vitamin E beschrieben, eine hemmende Wirkung hingegen für mehrfach gesättigte Fette und Zucker — möglicherweise ebenfalls über ihre Wirkung auf die Diversität und Symbiose des Darmmikrobioms.
Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin- sowie der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI und SNRI) tragen zu einem Anstieg des BDNF-Spiegels bei. Dabei dokumentieren einige, aber nicht alle Studien eine Korrelation zur Besserung des klinischen Befindens. Auch wenn die genauen Mechanismen unbekannt sind, spricht vieles dafür, dass der BDNF-Anstieg sekundär bedingt ist, also keinen unmittelbaren Effekt der Präparate darstellt, sondern eine verbesserte Synapsenfunktion und eine veränderte neuroimmunologische Regulation im Hippocampus widerspiegelt. Anstieg des BDNF-Spiegels durch Sport BDNF wird auch von sich kontrahierenden Muskelzellen sezerniert. BDNF spielt hier eine wichtige Rolle für die Regeneration und die Differenzierung von Muskelzellen. Es wurde gezeigt, dass körperliche Anstrengung den Serumspiegel an BDNF erhöht. Man vermutet, dass dieser Mechanismus für den stimmungsaufhellenden Effekt des Sportes mit verantwortlich ist, dass aber darüber auch der nachweisbare schützende Effekt von Sport vor neurodegenerativen Erkrankungen und Demenz erklärbar ist. Durch die Tatsache, dass Sport den BDNF-Spiegel ansteigen lässt, ist es gerechtfertigt, dass das Ausstellen eines „Sportrezeptes“ bei betroffenen Patienten mit niedrigem BDNF-Spiegel eine sinnvolle Therapiemaßnahme darstellt. Die Kontrolle des Therapieerfolges kann zudem durch eine Blutspiegelbestimmung des BDNF erfolgen, was zur Motivationssteigerung des Patienten beiträgt. Erhöhte BDNF-Serumspiegel bei Hauterkrankungen Die Serumspiegel von BDNF (ähnlich wie IL-31) sind bei Neurodermitis erhöht und korrelieren mit dem Krankheitswert und der aktuellen Stärke des Juckreizes. BDNF bindet bei Neurodermitis vermehrt an eosinophile Granulozyten in der Haut und fördert so deren Akkumulation und die Ausschüttung zytotoxischer Mediatoren, die das Gewebe schädigen. Darüber hinaus scheint BDNF durch Interaktion mit den sensorischen Nervenfasern direkt an der Wahrnehmung des Juckreizes beteiligt zu sein.
Bei Depression und Burnout
Bei Neurodermitis
BDNF-Bestimmung im Serum: 2 ml Vollblut
Der Transport ins Labor ist nicht zeitkritisch und kann per Postversand erfolgen.
Eine Abrechnung ist nur im privatärztlichen Bereich (GOÄ) gegeben. Die Untersucherungskosten für Selbstzahler entnehmen Sie bitte dem PDF Dokument.
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