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Autoantikörperdiagnostik bei Dermato- und Polymyositiden

Einleitung

Idiopathische autoimmune Myositiden sind seltene (Inzidenz ca. 1:100.000) entzündliche Erkrankungen der Skelettmuskulatur. Durch eine gezielte Labordiagnostik sind sie von den weitaus häufiger auftretenden erregerbedingten Myositiden oder paraneoplastischen sowie medikamentös bedingten Myositiden abzugrenzen. Als Leitsymptom stehen die proximal betonte Muskelschwäche und Atrophie im Vordergrund. Bei der Dermatomyositis tritt zusätzlich eine Hautbeteiligung auf. Als Zeichen des systemischen Charakters der Erkrankungen sind nicht selten extramuskuläre Manifestationen u. a. an der Lunge (fibrosierende Alveolitis, Pleuritis), am Herzen (Kardiomyopathie, Myokarditis), an den Gelenken (Arthralgien, Arthritis) und an den Gefäßen (Vaskulitis, Raynaud-Phänomen) zu beobachten. Das gemeinsame Auftreten einer idiopathischen Myositis mit anderen systemischen entzündlichen Bindegewebserkrankungen (systemischer Lupus erythematodes (SLE), Mischkollagenose (MCTD), Sklerodermie, Sjögren-Syndrom u. a.) wird als Overlap-Syndrom bezeichnet.

Die Diagnostik von Myositiden gestaltet sich häufig als recht schwierig und stellt differenzialdiagnostisch hohe Ansprüche. Neben der Klinik haben die Histologie, die Elektromyographie und bildgebende Verfahren wie MRT ihren festen Stellenwert in der Diagnostik und Differenzialdiagnostik der Myositiden gefunden, sodass sie z. T. Eingang in die Klassifikationskriterien gefunden haben, wenngleich diese nicht unumstritten sind. In den letzten Jahren wurde die Diagnostik und Differenzialdiagnostik von Myositiden durch die Entdeckung zahlreicher Autoantikörper ganz wesentlich bereichert, sodass diese neben den etablierten diagnostischen Methoden ihren festen Platz eingenommen haben..

Basisdiagnostik

Labormedizinisch sind vor allem das Myoglobin und die Muskelenzyme Kreatinkinase (CK), Aldolase, die Transaminasen und die Laktatdehydrogenase infolge der Zerstörung der Muskelzellen im Serum in erhöhten Konzentrationen nachweisbar. Die CK ist zumindest zeitweilig im Verlauf der Erkrankung bei den meisten Myositis-Patienten erhöht und gilt als Verlaufsparameter für die Akuität und Schwere des Muskelzerfallsprozesses.

Abb. Vereinfachte schematische Darstellung der erweiterten Labordiagnostik bei klinischem Verdacht einer Myositis (Erläuterungen s. Rückseite); Quelle: „Autoantikörper bei systemischen Autoimmunerkrankungen“, Schößler et al., 2006

Erweiterte Labordiagnostik

Bei mehr als 60 % der Patienten mit entzündlichen Muskelerkrankungen sind Autoantikörper (AAk) nachweisbar. Diese werden in Myositis-spezifische AAk und Myositis-assoziierte AAk, die vor allem bei Overlap-Syndromen nachweisbar sind, unterschieden. Im Folgenden sollen die wichtigsten AAk und ihre klinische und diagnostische Bedeutung kurz vorgestellt werden. Die (etwas unübersichtliche) Nomenklatur der AAk erklärt sich mit der Bezeichnung nach dem Indexnamen der Patienten, bei denen sie erstmalig nachgewiesen wurden oder dem Kürzel der zugrunde liegenden Erkrankung bzw. der chemischen Struktur des Autoantigens.

Jo-1-Antikörper

• häufigster AAk aus der Gruppe der Aminoacyl-tRNS-Synthetase-Antikörper. Als Autoantigen wurde die Histidyl-tRNA-Synthetase identifiziert. Jo-1-AAk gelten als diagnostischer Marker einer idiopathischen autoimmunen Myositis mit einer diagnostischen Spezifität von nahezu 100 % und einer diagnostischen Sensitivität von ca. 24 - 30 %. Bei einer juvenilen Myositis sind Jo-1-AAk selten nachweisbar. Sie gelten als differentialdiagnostischer Marker, da die Mehrzahl der Jo-1-Antikörper-positiven Patienten die Symptome eines Anti-Synthetase-Syndroms (Arthralgien, Arthritis, Lungenbeteiligung) aufweisen. Weiterhin gelten sie auch als Prognosemarker einer Myositis, da Jo-1-AAk-positive Patienten einen schweren Verlauf und eine schlechtere Prognose haben.

SRP-Antikörper
• richten sich gegen die zytoplasmatisch lokalisierten „signal recognition particle“. SRP-Antikörper gelten als diagnostischer Marker einer Polymyositis mit einer Spezifität von ca. 100 % und einer sehr niedrigen Sensitivität von 4-6 %. Patienten mit SRP-AAk weisen im Gegensatz zu denen mit einem Anti -Synthetase-Syndrom keine Beteiligung der Gelenke und der Haut sowie eine geringere Lungenbeteiligung auf. Das Anti -SRP-Syndrom imponiert hingegen durch einen schweren Verlauf der Erkrankung, Herzbeteiligung und schlechtem Ansprechen auf die immunsuppressive Therapie (75 % Sterblichkeit nach 5 Jahren!)

Mi-2-Antikörper
• gelten als diagnostischer Marker einer Dermatomyositis. Mi-2-AAk sind bei der Dermatomyositis in 15 - 31 % der Fälle mit einer Spezifität von 99 % zu finden. Bei der Polymyositis sind sie jedoch nur sehr selten (<1 %) nachweisbar. Bei der juvenilen Dermatomyositis treten sie in 10 - 15 % auf.

Im Gegensatz zu Patienten mit Jo-1-AAk haben Mi- 2-AAk-positive Patienten einen vergleichsweise milden Verlauf mit einer guten Prognose. Mi-2-Antikörper sind frühzeitig nachweisbar.

PM-Scl-Antikörper
•gelten als diagnostischer Marker einer Kollagenose mit Myositis und Sklerodermie. PM-Scl-Antikörper-positive Patienten haben in 43 - 88 % der Fälle ein Polymyositis/ Sklerodermie-Overlap-Syndrom. Diese Patienten weisen eine relativ gute Prognose auf. PM-Scl-Antikörper treten nie in Kombination mit anderen Myositis-spezifischen AAk, sondern nur isoliert auf.

Ku-Antikörper
• sind in 1-7 % bei Patienten mit Myositis zu finden. Bei einem Polymyositis/Sklerodermie-Overlap-Syndrom sind sie in 5 - 25 % nachweisbar. Allerdings besitzen sie nicht die gleiche Spezifität wie die PM-Scl-AAk, da sie auch bei pulmonaler Hypertonie, SLE und Sjögren-Syndrom nachweisbar sein können.

U1-snRNP-Antikörper
• gelten zwar als diagnostischer Marker einer Mixed Connective Tissue Disease (MCTD; Mischkollagenose) mit einer Sensitivität von 100 %, können jedoch auch in 4-17 % bei Patienten mit einer Myositis vorkommen. Bei 48-73 % der Patienten mit U1-snRNP-Antikörpern ist ein Overlap-Syndrom von MCTD und Myositis zu finden. Diese Patienten weisen häufig hohe Antikörpertiter auf.

Bei etwa 13 -32 % der SLE-Patienten sind U1-snRNPAAk meist in niedrigen Titern nachweisbar. Zeigen jedoch diese Patienten hohe Titer an U1-snRNP-AAk, entwickelt sich häufig ein Overlap-Syndrom mit einer Sklerodermie und/oder Myositis.

Zusammenfassung

 
  • Myositis-spezifische AAk (MSA) und Myositisassoziierte AAk (MAA) sind Marker für idiopathische (autoimmune) Myositiden.
  • MSA und MAA gestatten die Zuordnung unterschiedlicher Krankheitsbilder zu einem Myositis-assoziierten Syndrom oder einem Myositis-Overlap-Syndrom.
  • Aufgrund der angeführten Sensitivitäten schließt ein negativer Autoantikörperbefund eine Myositis nicht aus!
 

Laboranforderung

  1. ANA, ENA
  2. Myositis-AAk-Profil
  3. SRP-Antikörper (bei positiver Zytoplasma-Fluoreszenz)

Material

Serum (2 ml) oder Vollblut
Der Transport ins Labor ist nicht zeitkritisch und kann per Postversand erfolgen.

Abrechnung

Eine Abrechnung im kassen- und privatärztlichen Bereich ist gegeben.
Bei Kollagenosen unter immunsuppressiver oder immunmodulierender Langzeit-Basistherapie sind die Laborleistungen nach Abschnitt 32.2 budget-befreit nach Ziffer 32023.