Die Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung die durch das in vielen Getreidesorten (Weizen, Roggen, Gerste etc.) vorkommende Gluten ausgelöst wird. Sie tritt bei entsprechend genetisch prädisponierten Personen auf und führt zu einer lebenslangen Enteropathie. Es handelt sich somit nicht um eine Allergie. Das Autoantigen bei der Zöliakie ist die Gewebetransglutaminase des Dünndarms im Komplex mit dem über die Nahrung aufgenommenen Gluten. Da nur die HLA-Moleküle DQ2, DQ7 oder DQ8 das Gluten binden und dem Immunsystem präsentieren können, können auch nur Träger dieser HLA-Merkmale erkranken. Die Erkrankung ist mit einer Prävalenz von 1:200 bis 1:500 nicht selten.
Das über die Nahrung aufgenommene Gluten (Gliadin) wird durch gastrointestinale Enzyme abgebaut. Die dabei entstehenden Gliadinpeptide passieren die Dünndarmschleimhaut und werden dort von der Gewebetransglutaminase (tTg) deamidiert. Diese deamidierten Gliadinpeptide im Komplex mit der körpereigenen Gewebetransglutaminase werden von antigenpräsentierenden Darmwandmakrophagen aufgenommen und den T-Lymphozyten präsentiert. Die dadurch aktivierten Gliadin-spezifischen T-Helferzellen sezernieren Zytokine (Interleukin-2, Interferon-γ und Tumornekrosefaktor-α), die die Expression von Mukosa-schädigenden Matrixmetalloproteinasen induzieren und direkt (z.B. über Apoptoseinduktion) eine Schleimhautschädigung verursachen. Zudem produzieren aktivierte B-Zellen Antikörper gegen deamidiertes Gliadin und Gewebetransglutaminase. Diese Antikörper werden bei der Labordiagnostik nachgewiesen.
Bei den Erkrankten kommt es zu einer chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut, zur Zottenatrophie und Kryptenhypertrophie. Die daraus resultierenden klinischen Manifestationen reichen von asymptomatischen oder milden bis hin zu schweren Verlaufsformen. Die Patienten mit typischen Symptomen stellen nur die Spitze des Eisberges dar. Die folgenden Symptome können bei Zöliakie-Patienten auftreten:
Allgemein | Gewichtsverlust, Müdigkeit, Gedeihstörungen, Anämie |
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Magen-Darm-Trakt | Blähbauch, Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen |
Muskel- und Skelettsystem | Arthralgie, Myalgie, Osteoporose, Krämpfe |
Haut und Haar | Ödeme, Dermatitis herpetiformis, Haarausfall |
Mundhöhle | Aphtöse Stomatitis, Zahnschmelz-Hypoplasie, Zungenbrennen |
Endokrines System | Infertilität, wiederholter Abort |
Nachweislich können nur die HLA-Moleküle DQ2, DQ7 und DQ8 Gliadinpeptide präsentieren. Somit ist es nahezu unmöglich, eine Zöliakie zu entwickeln, wenn man nicht eines der genannten HLA-Merkmale besitzt. Die Untersuchung auf HLA-DQ2/DQ7/DQ8 ist daher ausgesprochen wertvoll für den Ausschluss einer Zöliakie.
Vor allem autoimmune Erkrankungen sind sehr eng mit der Zöliakie assoziiert. Bei gemeinsamem Auftreten ist die Zöliakie oftmals asymptomatisch:
Autoimmunerkrankungen:
Weitere Erkrankungen bzw. Symptomkomplexe:
Wie aus der Pathophysiologie der Zöliakie hervorgeht, handelt es sich um einen genetisch determinierten, T-Zell-vermittelten, chronisch-entzündlichen autoimmunen Prozess, der gegen Dünndarmgewebe gerichtet ist. Somit umfasst das diagnostische Spektrum serologische, genetische und histologische Untersuchungen.
Serologische Laboruntersuchungen haben einen hohen Stellenwert. Sehr sensitive serologische Antikörpernachweise ermöglichen nicht nur die Diagnose der Zöliakie sondern eignen sich darüber hinaus auch zur Verlaufskontrolle.
Folgende Antikörperbestimmungen stehen zur Verfügung:
Endomysium- und Transglutaminase-IgA-Ak sind sehr spezifische Marker für das Vor liegen einer Zöliakie und mit der Kombination dieser zwei Analysen lässt sich eine hohe Sensitivität (~100%) und Spezifität (~100%) in der Zöliakie-Diagnostik erreichen
Der Nachweis der Zöliakie-Prädispositions-Allele HLA-DQ2, DQ7 und DQ8 dient neben der Erkennung von Risikopatienten vor allem dem Ausschluss einer Zöliakie. Das ist möglich, da die genannten HLA-Merkmale eine zwingende Voraussetzung für eine Zöliakie sind (99% der Zöliakie-Patienten tragen eines der o.g. HLA-Merkmale). Das Auftreten einer Zöliakie ist nahezu unmöglich bei Patienten, die diese HLA-Merkmale nicht tragen. Die HLA-Bestimmung wird nicht durch Diätmaßnahmen beeinflusst.
Die Erkenntnis, dass die Zöliakie die am stärksten HLA-assoziierte Erkrankung ist, hat 2012 zu einer neuen Leitlinie der ESPGHAN (Europäischen Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung) und 2014 zu einer S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen geführt. Die Leitlinien haben die HLA-Untersuchung als neuen diagnostischen Parameter aufgenommen. Bei den empfohlenen diagnostischen Algorithmen unterscheiden die Leitlinien zwischen zwei Patientengruppen:
Bei Zöliakie-symptomatischen Patienten kann bei positivem Ergebnis im HLA-Test die Diagnose Zöliakie auch ohne Biopsie gestellt werden, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
Bei Patienten mit erhöhtem Zöliakie-Risiko, aufgrund der zuvor genannten Erkrankungen, und bei Verwandten ersten Grades von Zöliakie-Erkrankten, sollte die Diagnostik mit der HLA-Bestimmung beginnen, da bei einem negativen HLA-Ergebnis die oft wiederholt durchgeführten Screenings auf die Antikörper nicht mehr notwendig sind. Bei positivem HLA-Befund sollten alle zwei bis drei Jahre die Transglutaminase-IgA-Ak bestimmt werden.
Antikörperbestimmung: 5 ml Serum (auch für mehrere Ak-Bestimmungen ausreichend)
HLA-Genotypisierung: 2 ml EDTA-Blut
Der Transport der Blutprobe ins Labor ist nicht zeitkritisch und kann auch per Post erfolgen.
Für die genetische Untersuchung benötigen wir die Einverständniserklärung des Patienten. Für weitere Fragen erreichen Sie uns unter der Tel.-Nr. 030 77001 220.
Eine Abrechnung im kassen- und privatärztlichen Bereich ist für beide Untersuchungen gegeben.