Klinische Bedeutung des HLA-Systems

Die zentrale immunologische Funktion der Antigenpräsentation und der hochgradige Polymorphismus des HLA-Systems ließ schon sehr früh vermuten, dass HLA-Moleküle eine wichtige Rolle bei Autoimmunerkrankungen, Allergien und chronisch persistierenden Infektionen spielen können. Inzwischen wurden durch eine Vielzahl von Untersuchungen bei mehr als 40 Erkrankungen, meist autoimmuner oder unklarer Genese, HLA-Krankheitsassoziationen erkannt.
Für Mechanismen, mit denen die HLA-Allele direkt die Empfänglichkeit gegenüber bestimmten Erkrankungen beeinflussen, werden mehrere Hypothesen diskutiert, u.a. T-Zellrestriktion, molekulares Mimikry, Ligand/Rezeptor-Interferenz und klonale Deletion. Es wurden aber auch vereinzelt HLA-Krankheitsassoziationen gefunden, bei denen nicht zwingend das HLA-Gen, sondern ein eng benachbartes Gen an der Pathogenese einer Erkrankung beteiligt ist. Aufgrund der engen Nachbarschaft liegt ein Kopplungsungleichgewicht zwischen HLA- und Pathogenitätsgen vor, d.h. beide Gene werden fast immer zusammen (gekoppelt) vererbt. Daher kommen das eigentliche Krankheitsgen und das scheinbar assoziierte HLA-Gen gehäuft bei entsprechenden Patienten vor.

ErkrankungHLA-MerkmalRelatives Risiko*)
Allergiegegen LatexDR4, DQB1*03:02 (DQ3)2,4
Alopecia areata DR55,4
Alveolitis, chron. exogen-allergisch DR616,5
Alzheimer-Krankheit B7, A1, A228
AnämieAplastische AnämieDR22,2
Perniziöse AnämieDR55,4
Analgetika-Asthma-Syndrom A128,9
Adrenogenitales Syndrom - AGSlate onset FormB1448,5
Salzverlust-FormB4751
Anti-Phopholipid-Syndrom DR4, DR75,1
Arthritis
 
juvenile ideopatische ArthritisDR8, DR5, DR63,3 - 8
Rheumatoide Arthritis #DR1, DR4 Subtypen10,2
PsoriasisarthritisB2710,7
Reaktive ArthritisShigellen, Yersinien, Salmonellen, GonokokkenB2740
Borrelien (Lymearthritis, chronisch) #DR1, DR2, DR4 Subtypen22
Aspirin-sensitives Asthma DQ24,1
Autoimmunpankreatitis DRB1*04:05, DQB1*04:01 
Birdshot-Chorioretinopathie A29224
Borreliose (siehe reaktive Arthritis)   
Cholangitis, primär sklerosierend (PSC) DR52, DR34,5 - 15
Cholelithiasis A19131
CREST-Syndrom DR58,1
Dermatitis herpetiformis DR3, DR717,3
Dermatomyositis DR3, DR75
Diabetes mellitus Typ1 DQ2, DQ3 Subtypen> 50
 DQB1*06:02protektiv
Goodpasture-Syndrom DR215,9
Glomerulonephritis, idiopathisch membranöse DR312
Hämochromatose, idiopathische  A3, B7, B1490
Hashimoto-Thyreoiditis DR5, DR33,2
Hepatitis
 
autoimmun, chronischer VerlaufDR3, DR44,7 - 12,5
Hepatitis B, chronischer VerlaufB35158
HbsAG-Träger, gesundB4111,2
HIVAbacavir Hypersensitivität B*57:01117
verlangsamter VerlaufB27, B57protektiv
IgA-Nephropathie DR45,5
Insulin-Unverträglichkeit B7, B215,4
Kaposi-Sarkom DR55,3
Lichen planus DR111,8
Lupus erythematodes, systemisch (SLE)  DR2, DR35,8
Lupus, medikamentös induziert DR45,6
Lupus-Nephritis DR2, DQ13
Mischkollagenosen DR43
M. Addison (idiopathisch) DR36,3
M. Basedow (siehe auch Schilddrüse) DR34
M. Bechterew B2787,4
M. Behcet B516,3
M. Crohn DR1, DR4, DR72 - 7
M. Reiter B2737
Multiple Sklerose DRB1*15:01 (DR2)5,1
Myasthenia gravis  DR3, DR73,9
Narkolepsie DQB1*06:02, DRB1*15:01130
Nebennieren-Rinden-Hyperplasie, kongenital B47
DR3
15,4
6,3
Nephropathie, membranöse idiopathisch  DR33 - 12
Polymyalgia rheumatica  DR3
DR4
2,3
5,7
Polymyositis DR3, DR523 - 4,1
Pemphigus vulgaris DR4, DR147,3 - 14,4
Psoriasis 

C6
B27, B57

33
6,7
Retinopathie, diabetische B84
Sarkoidose B7, B8
DR2, DR3, DR5, DR14
8,5
 
Schilddrüse

 
Hashimoto-ThyreoiditisDR3, DR53,2
M. BasedowDR34,0
Thyreoiditis de Quervain, subakutB3513,7
Thyreoiditis postpartumDR4, DR58
Schizophrenie A9, B27
A2, A11
11,9
9,8
Sjögren-Syndrom DR2, DR39,7
Sklerodermie (PSS) DR3, DR510 - 16,7
SSPE (subakut sklerotische Panenzephalitis A293,6
Stomatitis, rekurrierende aphthöse B76
Thrombozytopenieneonatale alloimmunologischeDR39,2
autoimmune thrombopenische PurpuraDR29,2
Thyeroiditis de Quervain, subakutsiehe Schilddrüse  
Thyreoiditis postpartumsiehe Schilddrüse  
Uveitis, akute vorderesiehe auch  M. ReiterB2710 - 50
Wegenerische Granulomatose DR96,7
Zirrhose, primär biliäre (PBC) DRB1*08:03 (DR8)3 - 6,8
Zöliakie # DQ2, DQ852

Für die mit # gekennzeichneten HLA-Assoziationen gibt es jeweils eine separate ausführliche Diagnostikinformation, die Sie gerne unter (030) 77 001 - 220 telefonisch anfordern können.

HLA-Merkmale sind wichtige erbliche Prädispositionsfaktoren. Es besteht ein Gen-Dosis-Effekt.

Die Stärke der Assoziation zwischen HLA-Merkmal und einer Erkrankung wird durch das relative Risiko (RR) angegeben. Dieses zeigt an, um wie viel höher das Risiko bei Trägern bestimmter HLA-Merkmale ist, die Erkrankung im Vergleich zu Nicht-Merkmals-Trägern zu entwickeln. Viele Patienten sind heterozygot für das Krankheits-assoziierte HLA-Merkmal, was einen meist autosomal-dominanten Vererbungsmodus nahelegt. Klinisch und diagnostisch relevant ist aber das Prinzip des Gen-Dosis-Effektes. Das bedeutet, dass homozygot betroffene Patienten, die von beiden Eltern Krankheits-relevante HLA-Merkmale ererbt haben, eine frühere und stärkere Manifestation der jeweiligen Krankheitssymptome zeigen.

Der positive Nachweis eines krankheitsassoziierten HLA-Merkmals weist somit auf eine genetische Prädisposition hin. Merkmalsträger müssen jedoch nicht zwingend erkranken, da gerade die Pathogenese bei Autoimmunerkrankungen sehr komplex ist und umweltbedingte Faktoren ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen. Die HLA-Typisierung ist daher nicht als Suchtest indiziert. Bei Verdacht auf eine bestimmte Erkrankung stellt jedoch der Nachweis eines prädisponierenden HLA-Merkmals einen wichtigen differentialdiagnostischen Baustein dar. Neben der Beurteilung des Erkrankungsrisikos kann die Bestimmung von HLA-Merkmalen auch prognostische Signifikanz besitzen (z.B. Shared Epitope-Nachweis bei Rheumatoidarthritis). Die wichtigste Indikation besteht bei Krankheiten mit sehr starker Kopplung an bestimmte HLA-Allele, da bei einem negativen Testergebnis, die jeweilige Erkrankung relativ sicher ausgeschlossen werden kann (Zöliakie, Narkolepsie) wichtig sein.

Probenmaterial für die HLA-Bestimmung

2 ml EDTA-Blut
Der Transport ins Labor ist unproblematisch und kann auch per Postversand erfolgen. Bitte geben Sie die Verdachtsdiagnose mit an.

Für genetische Untersuchungen benötigen wir die Einverständniserklärung des Patienten (Formular).
Für weitere Fragen erreichen Sie uns unter der Tel.-Nr. 030 770 01-220.

Abrechnung

Eine Abrechnung im kassen- und privatärztlichen Bereich ist gegeben. Genetische Untersuchungen berühren nicht das Laborbudget.