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Probiotikaauswahl bei Histaminbelastung

Erhöhte Histaminspiegel im Blut können 3 Ursachen haben:

  1. Übermäßige Freisetzung aus den Mastzellen durch IgEvermittelte Allergien, Pseudoallergien oder eine gesteigerte Mastzellaktivierbarkeit
  2. Histamin-Abbaustörung, v.a. durch Mangel an Diaminoxidase (DAO) oder verminderter Enzymaktivität
  3. verstärkte Histaminbildung im Darm durch vermehrte Ansiedlung Histamin-bildender Bakterien

Abb. 1   Bei der Vermehrung Histamin-bildender Bakterien im Darm kommt es vor allem im Falle einer gestörten Darmbarriere (leaky gut) zur Aufnahme von Histamin in das Portalvenensystem. Da Histamin in der Leber kaum eliminiert wird, tritt es über die Lebervene in den peripheren Blutkreislauf über.

Bei einem auffälligen Befund der Histaminbildner in der Stuhluntersuchung gibt es folgende unterstützende therapeutische Möglichkeiten:

1. Darmreinigung (z.B. Flohsamenschalen, Aktivkohle, Oreganoöl, Heilerde, Leinsamen, Zeolith)

2. Präbiotika (z.B. Akazienfasern, Inulin, Beta-Glucane, Fructooligosaccharide)

Auswahl von Lebensmitteln, die Präbiotika enthalten:

PräbiotikaVorkommen
ArabinogalactanAkazienfasern
Beta-GlucanGerste, Hafer, Hefen, Pilze
FructooligosaccharideSpargel, Lauch, Knoblauch
InulinArtischocke, Banane, Chicorée, Schwarzwurzel, Weizen, Zwiebel
OligofruktoseArtischocke, Chicorée, Spargel, Zwiebel
PektinÄpfel, Quitten, Zitrusfrüchte
Resistente Stärkegekochte, abgekühlte Kartoffeln, Reis usw.

3. Ernährung (Histamin- und Histidin-arme Kost mit Verzicht auf lange gelagerte, lange gereifte, konservierte und gegorene Lebensmittel, z.B. Rotwein, verarbeitete Fischund Fleischwaren, eingelegte Lebensmittel (Konserven), gereifter Käse, Hefe.)

4. Probiotika

Bei Histaminüberschuss können verschiedene unterstützende Probiotika eingesetzt werden, um die Darmflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ziel ist es, die Histaminbildner zu reduzieren und einem Leaky-Gut-Syndrom vorzubeugen oder es zu behandeln, weil bei intakter Darmbarriere die Aufnahme von Histamin in das Portalblut reduziert wird.

CAVE! Bei Histaminüberschuss sollten keine Histaminbildenden Bakterien im Probiotikum vorhanden sein.

Bei der Wahl des Probiotikums ist es wichtig, auf die Zusammensetzung, also die Auswahl der verwendeten Bakterienarten und -stämme zu achten. Im Darm ist eine hohe Diversität wünschenswert, aber bei Histaminüberschuss sollten Präparate vermieden werden, die Histaminbildner enthalten.

Histaminbildende Bakterien
Lactobacillus acidophilusLactococcus lactis
Lactobacillus bulgaricusStreptococcus thermophilus
Lactobacillus caseiEnterococcus faecalis
Lactobacillus fermentumEnterococcus faecium
Lactobacillus helveticusEscherichia coli

Bei einigen der aufgezählten Bakterienarten ist die Histaminbildung abhängig vom Stamm. Ein Stamm ist immer an bestimmten Zahlen und Nummernkombinationen nach dem Artnamen eindeutig identifizierbar. So können unterschiedliche Stämme einer Art mehr oder weniger Histamin freisetzen. Es sollte deshalb bei der Wahl eines geeigneten Probiotikums grundsätzlich darauf geachtet werden, dass die enthaltenen Stämme genetisch auf ihre Fähigkeit Histamin zu produzieren, getestet sind. Es gibt aber auch Bakterienarten, die generell als histaminneutral oder sogar als histaminsenkend beschrieben sind.

Histaminneutrale Bakterien
BifidobakterienLactobacillus rhamnosus
Lactobacillus gasseriLactobacillus salivarius

Für einige Bifidobakterien konnte gezeigt werden, dass sie die durch Allergien hervorgerufene gesteigerte Genexpression des Histamin-Rezeptors (vermittelt allergieartige Wirkungen des Histamins) und der Histidin-Carboxylase (Umbau der Aminosäure Histidin zu Histamin) senken oder unterdrücken können.

Histaminsenkende Bakterien
BifidobakterienLactobacillus gasseri
Bifidobacterium infantisLactobacillus rhamnosus
Bifidobacterium longumLactobacillus salivarius

Eine weitere Alternative ist die Wahl von Präparaten, die keine vermehrungsfähigen Bakterien, sondern lediglich Zellbestandteile oder bakterielle Stoffwechselprodukte enthalten.

Abb. 2  Histaminwirkung (modifiziert nach A. Vogelreuter)

Literatur

  • Beutling DM, Biogene Amine in der Ernährung, Springer Verlag Berlin, 1996
  • Dev S et al., Suppression of histamine signaling by probiotic Lac-B: a possible mechanism of its anti-allergic effect. J Pharmacol Sci. 2008 Jun;107(2):159-66. doi: 10.1254/jphs.08028fp. Epub 2008 Jun 5. PMID: 18544899.
  • Diesner SC et al., A distinct microbiota composition is associated with protection from food allergy in an oral mouse immunization model. Clin Immunol. 2016 Dec;173:10-18. doi: 10.1016/j.clim.2016.10.009. Epub 2016 Oct 24. PMID: 27789346; PMCID: PMC5464391.
  • Hrubisko M et al., Histamine Intolerance-The More We Know the Less We Know. A Review. Nutrients. 2021;13(7):2228. Published 2021 Jun 29. doi:10.3390/nu1307222
  • Vogelreuter A, Wenn Essen krank macht, DAZ41/2012