PDF Download

Der Thiol-Status im Serum als Screeningtest für die antioxidative und metalldetoxifizierende Kapazität

Was sind Thiole und wo kommen sie vor?

Der Begriff „Thiole“ fasst eine Gruppe von organischen Substanzen zusammen, welche mindestens eine Schadstoffbindende Sulfhydrylgruppe (SH-Gruppe) enthält, bestehend aus einem Schwefel- (S) und einem Wasserstoffatom (H). Im menschlichen Serum finden wir viele Proteine, Aminosäuren, Enzyme und Substanzen, die solche Thiol-Gruppen tragen. In Ihrer Summe bilden sie ein körpereigenes reduzierendes (antioxidatives) System, welches für die Radikal- und Schadstoffentgiftung, insbesondere auch die von toxischen Metallen, bedeutungsvoll ist. Die wichtigsten im Blut vorkommenden Thiole sind Glutathion, Coenzym A, die schwefelhaltigen Aminosäuren Cystein, Homocystein und  Acetylcystein und das humane Serumalbumin (HSA).1

Abb. 1  Beispiele von thiolgruppenhaltigen Substanzen

Wirkung der Thiole als Antioxidanz

Sowohl im Zuge des Zellstoffwechsels (Zellatmung) als auch bei Immunabwehrreaktionen im Rahmen entzündlicher Prozesse kommt es zur Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS). Zusätzlich stellt die Exposition mit Umweltgiften und  toxischen Metallen eine Ursache der ROS-Bildung dar. Bei einem Ungleichgewicht von ROS-Bildung und ROS-Abbau kommt es zu oxidativem und nitrosativem Stress.

Die Konsequenz ist, dass diese Sauerstoff- oder Stickstoffradikale körpereigene Lipide, Proteine und auch die DNA angreifen. Das zerstört Membranen, schränkt Enzymfunktionen ein und kann zudem zur Entartung von Zellen führen. Um den  Organismus vor unkontrollierten, oxidativen Prozessen zu schützen, haben sich effiziente, sogenannte antioxidative Mechanismen etabliert. Thiole spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie besitzen die Fähigkeit, Schwefelbrücken (Disulfidbrücken) zu bilden, wodurch sie zur Stabilität von Proteinen beitragen. Zum anderen sind sie durch die Abgabe und Aufnahme von Wasserstoff-Ionen in der Lage, an Redox-Prozessen teilzunehmen. Thiole können direkt mit freien Radikalen reagieren und diese durch ihre SH-Gruppen inaktivieren.

Wichtige Rolle der Thiole in der Schwermetall-Entgiftung

Eine weitere, von den „Radikalfängereigenschaften“ unabhängige Funktion ist die Fähigkeit, Schwermetalle wie z.B. Quecksilber, Cadmium und Blei zu binden.3 Dadurch verlieren die Metalle ihre toxischen Effekte. Diese Funktion macht man sich besonders bei der Chelat- Therapie zu nutzen. Substanzen wie Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS) und Dimercaptobernsteinsäure (DMBS), alles Vertreter der Thiole, binden Schwermetalle, und die daraus entstehenden Chelatkomplexe werden anschließend über die Niere ausgeleitet.4 Letztlich zeigt dies, dass Thiole auch physiologisch einen erheblichen Beitrag zur Entgiftung von Schwermetallen beitragen und manchmal als „körpereigene Chelatoren“ bezeichnet werden

Welche Aussage kann mit der Bestimmung des Thiol-Status getroffen werden?

Als Serumparameter erfasst der Thiol-Status die schützenden, freien Thiol-Gruppen, die extrazellulär Radikale abfangen und toxische Metalle und Schadstoffe binden. Der Thiol-Status ist daher ein Parameter des extrazellulären Schutzsystems.9 Verminderte Thiol-Werte begünstigen oxidativen Stress und die Etablierung von chronischen Entzündungs- und Tumorerkrankungen. Somit kann der Thiol-Status als Screeningstest dienen. Als solcher liefert er eine Ergänzung zur Bestimmung des intrazellulären Glutathions, das die Kapazität der Zellen erfasst, intrazelluläre Radikale und Schadstoffe zu entgiften

Zahlreiche Studien zeigten einen verminderten Thiol-Status und eine Verschiebung der Thiol/Disulfid-Homöostase bei gastroenterologischen Erkrankungen, Asthma sowie Stoffwechselkrankheiten und Krebs. Auch Raucher zeigen oft einen sehr viel niedrigeren Thiol-Status im Vergleich zu Nichtrauchern.6

Abb. 2  Beispielbefund

Was unterscheidet den Thiol-Status vom TAS (Totaler Antioxidanzien-Status)?

Der TAS kam vor ca. 30 Jahren als Screeningtest für die Evaluierung der antioxidativen Kapazität auf den Markt. Allerdings erfasst er neben den klassischen Antioxidanzien im Plasma auch die Harnsäure und das Cholesterin. Diese nehmen einen hohen Anteil ein und verfälschen das Ergebnis. Beim Thiol-Status werden hingegen ausschließlich die Substanzen einbezogen, die auch die schützenden Thiol-Gruppen tragen. Somit kann es beim Thiol-Status, im Gegensatz zum TAS, bei schwankenden Cholesterin- und Harnsäurewerten nicht zu Fehlinterpretationen kommen.

Material

1ml abzentrifugiertes Serum

Bei Serumröhrchen mit Gel kann das Serum auf dem Gel verbleiben. Die Probe anschließend bei Raumtemperatur lagern und transportieren. 

Ein Probeneingang im Labor innerhalb von 24 Stunden muss gewährleistet sein. Innerhalb der Berliner Stadtgrenzen bieten wir Ihnen unseren Fahrdienst an ((030)77001-250), für überregionale Abholung kontaktieren Sie bitte den kostenfreien Kurierservice unter +49(0)3077001-450.

Abrechnung

Eine Abrechnung ist nur im privatärztlichen Bereich (GOÄ) gegeben. Selbstzahler entnehmen bitte die Untersuchungskosten dem  PDF-Dokument

Literatur

  1.  Turell et al., The thiol pool in human plasma: The central contribution of albumin to redox processes, Free Radic Biol Med. 2013 December; 65:244-253.
  2. Jansen et al, Serum Biomarkers of (Anti)Oxidant Status for Epidemiologica Studies, Int J. Mol.Sci 2015,16, 27378-27390
  3. Bjørklund et al., A Review on Coordination Properties of Thiol-Containin Chelating Agents Towards Mercury, Cadmium and Lead, Molecule 2019,24,3247
  4. Zalups et al., Relationships between the renal handling of DMPS an DMSA and the renal Handling of Mercury, Chem Res Toxicol. 201 September 17; 25(9):1825-1838
  5. Bilgin et al., Evaluation of dynamic serum Thiol-disulfide homeostasis in colorectal cancer, J Oncol Sci 5 (2019) 60-64
  6. Solak et al., Effects of smoking on thiol/disulphide homeostasis, Europea Review for Medical and Pharmacological Sciences, 2017; 21:2477-2482
  7. Rahman et al., Is there any relationship between plasma antioxidan capacity and lung function in smokers and in patients with chronic obstructive pulmonary disease, Thorax 2000; 55:189-193
  8. Cakirca et al., Thiol level and total oxidant/antioxidant status in patients with COVID-19 infection, 2021, Irish Journal of Medical Science (1971-)
  9. Kerksick et al., The Antioxidant Role of Glutathione and N-Acetyl-Cysteine Supplements and Exercise-Induced Oxidative Stress, Journal of International Society of Sports Nutrition.2(2):38-44, 2005
  10. RKI, Oxidativer Stress und Möglichkeiten seiner Messung aus umweltmedizinischer Sicht, Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 2008,51:1464-1482; Springer Medizin Verlag 2008