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GPCR-AAk – Bedeutung bei Patienten mit Post-COVID und kritischer Vergleich angebotener Messmethoden

Autoantikörper (AAk) gegen G-Protein gekoppelte Rezeptoren (GPCR) wie z.B. β1/β2-adrenerge Rezeptoren (AdR), muskarinerge Acetylcholin-Rezeptoren (mAChR), Angiotensin- II-Typ-1-Rezeptor (AT1R) oder Endothelin-Rezeptor A (ETAR) werden zunehmend als krankheitsrelevante Biomarker bei verschiedenen Krankheiten erkannt. Dazu zählen Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS), Post-COVID, Post-Vac-Syndrom, aber auch Herz-Kreislauferkrankungen (z.B. POTS, Herzinsuffizienz und Bluthochdruck) und Autoimmunerkrankungen (z.B. Systemsklerose und systemischer Lupus erythematodes).

Zur Messung von GPCR-AAk kommen aktuell zwei Nachweismethoden zum Einsatz, die eine unterschiedliche Aussagekraft haben. Da sind einerseits die ELISA-basierten Tests und andererseits funktionelle Bioassays. Beide Methoden weisen sowohl Stärken als auch Schwächen auf, auf die im Folgenden eingegangen wird.

 

Quantitative ELISA-basierte Messung

ELISA sind für den Nachweis von GPCR-AAk derzeit die einzige standardisierte und damit zwischen verschiedenen Laboren vergleichbare Methode. Nur mit dem ELISA lassen sich quantitative Ergebnisse erzielen, was die Methode zu einem wertvollen Instrument für longitudinale Verlaufsbeobachtungen macht. Zudem sind etablierte Testsysteme, wie die ELISA der Firma CellTrend, CE-IVD zertifiziert und werden mit breiter klinischer Anwendung eingesetzt.

Der bekannte Nachteil der ELISA-Tests im Vergleich zu Bioassays besteht darin, dass sie zwar das Vorhandensein und die Konzentration der zirkulierenden AAk im Blut anzeigen, nicht aber deren funktionelle Wirkung. Das heißt, man kann nicht zwischen stimulierenden (agonistische AK) oder blockierenden AAk (antagonistische AK) unterscheiden. Dieses „Problem“ ist in der Labormedizin bekannt, besteht z.B. auch beim TSH-Rezeptor-AAk (TRAK), was aber dessen prinzipielle Aussagekraft üblicherweise nicht in Frage stellt.

Daher ist es wichtig, dass die klinische Aussagekraft der bestimmten GPCR-AAk für jedes angewendete Testsystem evaluiert wird. Die auch am IMD Berlin verwendeten ELISA der Firma CellTrend wurden in zahlreichen Studien angewendet, sowohl bei Patienten mit Post-COVID (Achleitner 2023, Stein et al. 2024, Sotzny et al. 2022, Semmler et al. 2023, Mundorf et al 2024) als auch anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Herzinsuffizienz (Zweck et al. 2023) oder Parodontitis (Scherbaum et al. 2020).

 

Der CellTrend-ELISA ist ein bewährter Test bei Patienten mit Post-COVID

Verschiedene Studien, die den ELISA als Methode zum Nachweis der GPCR-AAk verwendet haben, konnten zeigen, dass diese AAk bei Post-COVID mit dem Schweregrad der Symptome und beeinträchtigter Mikrozirkulation verbunden sind [Szewczykowski 2022, Sotzny 2022). Der β2-adrenerge Rezeptor-AAk war dabei der beste Diskriminator. Mit ihm waren sowohl Fatigue als auch vasomotorische Symptome stark assoziiert [Sotzny 2022). Diese Ergebnisse stimmen mit früheren Ergebnissen bei postinfektiösen ME/ CFS-Patienten überein, die Korrelationen zwischen klinischen Symptomen, strukturellen Veränderungen des Zentralnervensystems (ZNS) und den Spiegeln von GPCR-AAk zeigten (Fujii 2020, Kimura 2023, Gravelsina 2022).

Der CellTrend-ELISA zeigt einen Rückgang von GPCR-AAk unter Therapie

In einer primären Beobachtungsstudie an der Charité Berlin wurde gezeigt, dass durch Immunadsorption bei Patienten mit infektionsbedingtem ME/CFS mit erhöhtem ß2-adrenerge Rezeptor-AAk bei sieben von zehn Patienten eine rasche Verbesserung der Symptome eintrat (Scheibenbogen 2018). Zuletzt wurde gezeigt, dass die AAk gegen β2-AdR und M3/ M4-mAChR bei Long-COVID-Patienten erhöht waren und das es unter Apheresetherapie zu einem Rückgang der β1/ β2-AdR-AAk und M3/M4-mAChR kommt (Achleitner et al. 2023). In dieser Studie, wie auch bei Mundorf et al. (2024) konnte allerdings im Unterschied zu ME/CFS keine direkte Korrelation zur Symptomschwere gefunden werden. Das begründen die Autoren damit, dass weitere, noch nicht definierte oder messbare GPCR-AAk an der komplexen Dysregulation der Signalübertragung in Zellen beteiligt sind. In einer Studie aus der Arbeitsgruppe Scheibenbogen von der Berliner Charité bei Post-COVID-Patienten kam es nach Immunadsorptionstherapie ebenfalls zu einem signifikanten Rückgang der β2-AdR-AAk (Stein et al. 2024)

Welche Rolle spielen funktionelle Bioassays?

Bioassays haben den Charme, dass sie die biologische Aktivität von AAk erfassen, etwa über die AAk-induzierte Aktivierung der cAMP-Produktion, den intrazellulären Kalziumflux oder Zellkontraktion. Sie können somit die Unterscheidung zwischen Agonisten, Antagonisten und neutralen Antikörpern ermöglichen. Die aktuell vor allem bei Post-COVID Patienten eingesetzten Bioassays (E.R.D.E-AAk-Diagostik GmbH) erfassen allerdings nur die agonistisch wirkenden AAk, was die zum ELISA differierenden Ergebnisse zum Teil schon erklärt. Der Nachteil von Bioassays besteht aber auch darin, dass keine quantitativen Ergebnisse angegeben werden, weshalb vergleichende Betrachtungen von AAk-Titern zum Beispiel vor und nach Therapie nicht möglich sind. Zudem weisen Bioassays eine höhergradige Variabilität im Vergleich zu standardisierten ELISA auf, da die verwendeten Zelllinien, Testbedingungen und Zeitpunkte der Messung die Ergebnisse erheblich beeinflussen. Der Bioassay ist schwer standardisierbar, so fehlt es auch an regulatorisch anerkannten Standards für Funktionstests von GPCR-AAk (keine CE-IVD Zertifizierung, keine Ringversuche zwischen Labors). Aus diesem Grund sind derartige Bioassays für DIN 15189-akkreditierte medizinische Labore keine Alternative. Aufgrund der Komplexität und der hohen Kosten werden funktionelle Bioassays bislang vor allem in der Forschung angewendet.

Der CellTrend-ELISA zeigt einen Rückgang von GPCR-AAk unter Therapie

In einer primären Beobachtungsstudie an der Charité Berlin wurde gezeigt, dass durch Immunadsorption bei Patienten mit infektionsbedingtem ME/CFS mit erhöhtem ß2-adrenerge Rezeptor-AAk bei sieben von zehn Patienten eine rasche Verbesserung der Symptome eintrat (Scheibenbogen 2018). Zuletzt wurde gezeigt, dass die AAk gegen β2-AdR und M3/ M4-mAChR bei Long-COVID-Patienten erhöht waren und das es unter Apheresetherapie zu einem Rückgang der β1/ β2-AdR-AAk und M3/M4-mAChR kommt (Achleitner et al. 2023). In dieser Studie, wie auch bei Mundorf et al. (2024) konnte allerdings im Unterschied zu ME/CFS keine direkte Korrelation zur Symptomschwere gefunden werden. Das begründen die Autoren damit, dass weitere, noch nicht definierte oder messbare GPCR-AAk an der komplexen Dysregulation der Signalübertragung in Zellen beteiligt sind. In einer Studie aus der Arbeitsgruppe Scheibenbogen von der Berliner Charité bei Post-COVID-Patienten kam es nach Immunadsorptionstherapie ebenfalls zu einem signifikanten Rückgang der β2-AdR-AAk (Stein et al. 2024)

 

Fazit

Quantitative Messungen von GPCR-AAk sind wissenschaftlich valide und medizinisch sinnvoll. Als Methode der Wahl sollten CE-IVD-zertifizierte ELISA verwendet werden. Funktionelle Bioassays könnten zwar wichtige funktionelle Zusatzinformationen geben, sind aber aufgrund fehlender Standardisierung, hoher Variabilität und fehlender quantitativer Ergebnisse derzeit nicht zur Primärdiagnostik geeignet. Der ELISA gilt nach wie vor als diagnostischer Goldstandard für GPCR-AAk im klinischen Alltag.

Literatur

  • Achleitner M. et al. Clinical improvement of Long-COVID is associated with reduction in autoantibodies, lipids, and inflammation following therapeutic apheresis. Mol Psychiatry. 2023.

  • Akbarzadeh et al. When natural antibodies become pathogenic: autoantibodies targeted against G protein-coupled receptors in the pathogenesis of systemic sclerosis. Front Immunol. 2023.

  • Binda et al. Autoantibodies Targeting G-Protein-Coupled Receptors: Pathogenetic, Clinical and Therapeutic Implications in Systemic Sclerosis. Int J Mol Sci. 2024.

  • Cabral-Marques O. et al. GPCR-specific autoantibody signatures are associated with physiological and pathological immune homeostasis. Nat Commun. 2018.

  • Fujii H. et al. Altered Structural Brain Networks Related to Adrenergic/Muscarinic Receptor Autoantibodies in Chronic Fatigue Syndrome. J Neuroimaging. 2020.

  • Gravelsina S. et al. Biomarkers in the diagnostic algorithm of myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome. Front Immunol. 2022.

  • Kimura Y. et al. Free water-corrected diffusion and adrenergic/muscarinic antibodies in myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome. J Neuroimaging. 2023.

  • Mundorf A.K. et al. Clinical and Diagnostic Features of Post-Acute COVID-19 Vaccination Syndrome (PACVS). Vaccines (Basel). 2023.

  • Müller F.S. et al. Autoantibodies against the chemokine receptor 3 predict cardiovascular risk. Eur Heart J. 2023.

  • Scheibenbogen C. et al. Immunoadsorption to remove ß2 adrenergic receptor antibodies in Chronic Fatigue Syndrome CFS/ME. PLoS ONE. 2018.

  • Scherbaum I. et al. Autoantibodies against M5-muscarinic and beta1-adrenergic receptors in periodontitis patients. Aging (Albany NY). 2020.

  • Semmler A. et al. Chronic Fatigue and Dysautonomia following COVID-19 Vaccination Is Distinguished from Normal Vaccination Response by Altered Blood Markers. Vaccines (Basel). 2023.

  • Sotzny F. Dysregulated autoantibodies targeting vaso- and immunoregulatory receptors in Post-COVID correlate with symptom severity. Front Immunol. 2022.

  • Stein E. et al. Efficacy of repeated immunoadsorption in patients with post-COVID myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome and elevated ß2-adrenergic receptor autoantibodies: a prospective cohort study. Lancet Reg Health Eur. 2025.

  • Szewczykowski C. et al. Long COVID: Association of Functional Autoantibodies against G-Protein-Coupled Receptors with an Impaired Retinal Microcirculation. Int J Mol Sci. 2022.

  • Zweck E. et al. Receptor autoantibodies: Associations with cardiac markers, histology, and function in human non-ischaemic heart failure. ESC Heart Fail. 2023.