PDF Download

„Impfunverträglichkeit“?: Labordiagnostik ausschließlich bei Allergieverdacht auf Impfstoffbestandteile möglich

Im Zuge der Diskussion über das am 1.3.2020 in Kraft tretende Masernschutzgesetz erhalten wir gehäuft Anfragen, ob über Labordiagnostik Impfkomplikationen vorhergesagt  oder ob damit Kontraindikationen für eine Masernimpfung nachgewiesen werden können.

Die Labordiagnostik hat dafür keinen nennenswerten Stellenwert. Bei den insgesamt seltenen, unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) nach Impfungen wird zwischen Impfreaktion, Impfkrankheit, Impfkomplikation und Impfschaden unterschieden.

Für alle bekannten oder auch nur postulierten Formen der Impfreaktion, Impfkrankheit und andauernden Impfschäden ist die Labordiagnostik ohne Bedeutung. Lediglich für eine seltene Form der Impfkomplikation, nämlich eine allergische Sensibilisierung auf einen Impfstoffbestandteil, kann die Labordiagnostik einen Beitrag leisten. Für eine derartige Allergie ist in der Regel aber nicht das eigentliche Impfantigen (Erreger oder Erregerkomponenten) verantwortlich, sondern Zusatzstoffe oder Antigene, die im Herstellungsprozess eingebracht werden können.

Generell wird wegen der geringen Wahrscheinlichkeit einer vorliegenden Allergie von einer Allergietestung im Vorfeld der Impfung abgeraten. Die allergologische Diagnostik dient eher der Abklärung einer unerwünschten oder für die Impfung untypischen Nebenwirkung im Nachgang einer Impfung.

Welche Diagnostik ist möglich?

Besteht der Verdacht auf eine allergische Sofortreaktion (Typ-I-Allergie, Anaphylaxie), bzw. ist bereits eine Typ-I-Allergie auf einen potentiellen Impfstoffbestandteil bekannt, kann der Basophilenaktivierungstest (BAT) direkt auf eine Impfstoffprobe durchgeführt werden. (Mögliche allergische Auslöser einer Soforttypallergie können z.B. Hühnerei, Gelatine, Neomycin und auch Latex sein).

In seltenen Fällen sind auch Spättyp-Reaktionen (Typ-IV) möglich. Hier kommt der Lymphozytentransformationstest (LTT) zum Einsatz. Eine Unverträglichkeitstestung mittels LTT auf den entsprechenden Impfstoff ist allerdings nicht möglich, da mit diesem Test nicht zwischen einer bestehenden und durch die Impfung erwünschten zellulären Gedächtnisantwort auf das Impfantigen und einer Typ-IV-Sensibilisierung auf einen Impfstoffbestandteil unterschieden werden kann. Bei entsprechendem Verdacht wäre lediglich die Testung auf enthaltene Zusatzstoffe möglich. (Bekannte potentielle Allergene bei Typ IV-Allergie sind z.B. Aluminium, Formaldehyd, Thiomersal oder auch beigesetzte Antibiotika). Zudem muss beachtet werden, dass selbst ein positives Ergebnis im LTT auf einzelne Bestandteile nur eine Sensibilisierung aufzeigt, welche zwar eine Voraussetzung für eine Typ-IV-Allergie (klinische Symptomatik) darstellt, jedoch nicht zwingend auch allergische Symptome verursachen muss (zu näheren Informationen die beiden Tests betreffend siehe auch Diagnostikinformation Diagnostik bei Medikamentenunverträglichkeit).

Es ist zu beachten, dass sowohl der LTT als auch der BAT lediglich bestehende Sensibilisierungen nachweisen können und keine Vorhersage über sich zukünftig entwickelnde Allergien erlauben.

Wichtig: Die allergologische Labordiagnostik ist im Nachgang einer Impfung prinzipiell ungeeignet, wenn die Symptome anhaltend sind. Wenn die vermuteten Symptome länger als 2-3 Wochen andauern oder erst mit zeitlichem Abstand zur Impfung eintreten, ist eine Allergie als Ursache sehr unwahrscheinlich bis unmöglich. In diesen Fällen könnten durchaus Impfschäden anderer Genese vorliegen, die nicht durch eine Allergie ausgelöst sind und deshalb nicht über Allergiediagnostik diagnostiziert werden können.

Stellungnahme

Wir distanzieren uns ausdrücklich von Falschaussagen, die offensichtlich im Netz z.T. durch Impf-kritische Elterninitiativen verbreitet werden, dass mit den im IMD Berlin zur Verfügung stehenden Allergietests „Beweise“ dafür erbracht werden können, dass Impfungen gesundheitsgefährdend seien. Dieses ist nicht der Fall und entspricht auch nicht unserer Haltung zu Impfungen im Allgemeinen. Selbst im seltenen Fall eines positiven Allergietests besteht keine prinzipielle Kontraindikation, da es in der Regel möglich ist, ein Präparat zu wählen, welches den als allergieauslösend identifizierten Zusatzstoff nicht enthält.