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Nachweis von Sensibilisierungen gegenüber Zahnersatzmaterialien

Zahnersatzmaterialien können Allergien verursachen

Metalle, Acrylate (Kunststoffe), aber auch zahlreiche weitere, zum Beispiel in Wurzelfüllmaterialien oder Zementen enthaltene Bestandteile, können potentielle Allergene sein. 

Sensibilisierungen auf alle zahnärztliche Werkstoffe beruhen zumeist auf Typ-IV-Sensibilisierungen (Allergien vom Spättyp). Kunststoffe und Inhaltsstoffe von Wurzelfüllmaterialien wie Guttapercha, Eugenol, Perubalsam oder Kolophonium können auch Typ I-Soforttypallergien verursachen.

Typ IV-Allergien

In Zahnersatzmaterialien enthaltene Metalle und Kunststoffe sind potentielle Allergene, da sich freie Metallionen oder
Kunststoffmonomere an körpereigene Eiweiße binden, diese verändern und dem Immunsystem als „fremd“ erscheinen lassen (Hapteneffekt). Im Falle einer bestehenden Typ-IV Sensibilisierung erkennen allergenspezifische T-Lymphozyten diesen Allergen-Proteinkomplex als fremd und reagieren mit einer Immunaktivierung (siehe Abb.1).

Abb. 1  Metalle, Acrylatmonomere und viele andere in der Zahnmedizin relevanten Materialbestandteile sind Haptene. Diese entfalten ihre Allergenität erst durch Bindung und Modifikation zelleigener Proteine.

Welche Symptome treten auf?

Als lokale Zeichen können Stomatitiden, lichenoide Entzündungen, Gingivitis oder Parodontitis auftreten. Sie sind allerdings nicht obligat, da die Mundschleimhaut wenig reaktiv ist. Durch die systemischen Effekte von IFN-γ können auch unspezifische systemische Entzündungssymptome wie Abgeschlagenheit, Muskelschmerzen, Arthralgien (Fibromyalgie), Parästhesien, Kopfschmerzen oder Neuralgien induziert werden. Lokalsymptome wie Zungenbrennen oder Kiefer- und Zahnschmerzen können auch ohne morphologisch erkennbares Korrelat vorkommen.

Zudem ist bekannt, dass bei sensibilisierten Patienten eine dauerhafte Exposition mit Metallionen (u. a. Quecksilber, Gold, Nickel) Autoimmunität auslösen kann.

Mit dem LTT lassen sich allergenspezifische T-Lymphozyten nachweisen

Der Lymphozytentransformationstest (LTT) ist geeignet zum Nachweis systemischer zellulärer Sensibilisierungen. Der Epikutantest ist dagegen ungeeignet, wenn die Allergenaufnahme nicht über die Haut, sondern über die gastrointestinale Schleimhaut erfolgt. Beim LTT werden aus dem Patientenblut Lymphozyten isoliert und in der Zellkultur mit dem jeweiligen Allergen zusammengebracht. Wenn ein Patient auf das jeweilige Allergen sensibilisiert ist, kommt es zur Proliferation von Lymphozyten in dem jeweiligen Testansatz. Eine positive Reaktion im LTT beweist die Existenz von allergenspezifischen Lymphozyten (Gedächtniszellen) im Blut des Patienten.

Abb. 2  Musterbefund LTT-Metalle

Es gibt zwei Fragestellungen, die mit dem LTT beantwortet werden:

1. Ist ein Ersatz des vorhandenen Zahnersatzmaterials notwendig?
Es kann ein Zusammenhang zum Material nachgewiesen bzw. ausgeschlossen werden, wenn nach dem Einbringen von Zahnersatzmaterial Beschwerden auftreten (kurative Fragestellung).
 

2. Welche Materialien können verwendet bzw. nicht verwendet werden?
Vor dem Einbringen neuer Zahnersatzmaterialien können bestehende Sensibilisierungen auf enthaltene Bestandteile nachgewiesen werden (präventive Fragestellung).

Auf welche Materialien kann im LTT getestet werden?

Für häufig wiederkehrende Fragestellungen wurden die nachfolgenden Profile entwickelt, in denen die bekannten sensibilisierenden Einzelallergene standardisiert untersucht werden.

LTT-MetalleGold, Nickel, Palladium, Chrom, Kobalt, Molybdän, Aluminium, Platin, Cadmium, Quecksilber, Kupfer, Silber, Zinn, Ethylquecksilber            
LTT-KunststoffeTEGDMA, BISDMA, BISGMA, HEMA, Methylmethacrylat (MMA), Diurethandimethacrylat (UDMA), Ethylenglycoldimethacrylat, Buthandiol-1-4-Methacrylat, Benzoylperoxid, Bisphenol A, Bisphenol A-diglycidyl-ether (BADGE), Methacrylsäure, Formaldehyd, Phthalate
LTT-Kombi-Profil 
(Dentalcheck)
Gold, Nickel, Palladium, Chrom, Kobalt, Platin, Quecksilber, Kupfer, Silber, Zinn, Methylmethacrylat (MMA/PMMA), HEMA, TEGDMA, BISGMA
LTT-GoldlegierungenGold, Silber, Platin, Kupfer, Palladium, Zinn, Gallium, Indium, Iridium,Rhodium, Tantal, Ruthenium
LTT-AmalgamQuecksilber, Kupfer, Silber, Zinn (Amalgam), Ethylquecksilber, Phenylquecksilber, Methylquecksilber
LTT-WurzelfüllmaterialienRohguttapercha, Perubalsam, Eugenol, Polydimethylsiloxan, Silikonöl, Bismutoxid, Silber, Terpentinöl, Kolophonium, Triethanolamin, Erdnussöl, Paraformaldehyd, Bisphenol A, Epichlorhydrin
LTT-Keramik + ZementeVanadium, Aluminium, Titan, Kobalt, Chrom, Barium, Silicium, Cer, Bor, Mangan, Antimon, Phosphatzement, Glasionomerzement

Typ I-Allergien auf Acrylate und andere nichtmetallische Werkstoffe

Im Unterschied zu Metallen, bei denen allergische Unverträglichkeitsreaktionen ausschließlich auf Typ IV-Sensibilisierungen zurückzuführen sind, können nichtmetallische Werkstoffe (v. a. Acrylate) auch IgE-vermittelte Allergien auslösen.

An Soforttypallergien sollte gedacht werden, wenn die Symptomatik innerhalb weniger Stunden (selten sogar Minuten) nach Einbringung der Materialien auftritt. Typisch sind lokale, aber auch systemische quaddelartige Schleimhautaffektionen, wobei diese auf der Mundschleimhaut selten eine typische Morphologie haben.

Wie erfolgt die Testung im Labor?

Der Basophilenaktivierungstest (BAT) ist eine in-vitro-Methode zum Nachweis Typ I-allergischer Sensibilisierungen sowie von Pseudoallergien. Der Test ist auch als Leukotrien-Release-Test oder CAST-ELISA bekannt. Im Test werden basophile Granulozyten des Patienten in vitro mit dem fraglichen Allergen „konfrontiert“ und anschließend die (im Fall einer bestehenden Allergie) einsetzende Leukotriensynthese gemessen. Alle gängigen in Zahnersatzmaterialien enthaltenen Acrylate sowie viele Allergene aus Wurzelfüllmterialien sind im Labor etabliert.

Kann auch auf native und individuelle Materialien getestet werden?

Ja, sowohl im LTT als auch im BAT sind Zemente, Komposite, Prothesenmaterialien, Knochenersatzmaterialien, Wurzelfüllmaterialien (auch Stifte) sowie sogar intraoral gewonnene Materialspäne als Nativmaterial einsetzbar. Sie müssen zusammen mit der Blutprobe eingesendet werden. Viele Materialien sind im Labor vorrätig (siehe Rückseite des Anforderungsscheines Zahnmedizin). Die Materialien sollten immer in dem Zustand getestet werden, in dem sie später auch beim Patienten eingesetzt werden (z. B. ausgehärteter Zement, auspolymerisierter Kunststoff).

Material

LTT: je Profil (z. B. LTT-Metalle) 20 ml Heparinblut und 5 ml  Serum. Nativmaterialtestungen erfordern je Material 5 ml  Heparinblut und 5 ml Serum. Die 5 ml Serum reichen auch  bei mehreren Testprofilen bzw. Materialien aus.

BAT: 2 ml Heparinblut pro Allergen/Material (alternativ EDTA-Blut)

Der Probenversand erfolgt für beide Tests per Kurier.

Abrechnung

Die Abrechnung erfolgt durch das Labor direkt mit dem Patienten.

Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sind LTT Untersuchungen mit zahnärztlichen Fragestellungen keine Kassenleistungen. Bitte entnehmen Sie die aktuellen Kosten dem PDF-Dokument.