Interleukin 18 als Immun-Homöostasemarker der Darmschleimhaut
IL-18 ist zunächst ein proinflammatorisches Zytokin, das wie andere Zytokine bei Entzündungsreaktionen vermehrt ausgeschüttet wird. Die Besonderheit ist aber, dass es nicht nur bei aktiver Entzündung, sondern auch kontinuierlich von Darmepithelzellen gebildet und sekretiert wird. Diese Ausschüttung im nicht-entzündeten Darm hat wichtige Funktionen bei der Aufrechterhaltung der Immunhomöostase der Darmschleimhaut. Genau wie beim IL-10 sind deshalb nicht nur erhöhte Werte auffällig, sondern auch verminderte, die eine defizitäre Darmschleimhaut-Homöostase anzeigen.
IL-18 als Barriere- und Immunregulator im nicht-entzündeten Darm
Die regulatorische Rolle von IL-18 bei Darmentzündungen wurde durch die Beobachtung offenbar, dass Polymorphismen in IL-18- und IL-18-Rezeptor-Genen zu einer erhöhten Anfälligkeit für die Entwicklung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) führen.
IL-18 reguliert die Darmbarriere
Es konnte gezeigt werden, dass IL-18 eine stimulierende Wirkung auf die Reifung von epithelialen Stammzellen besitzt. Das spielt besonders für die schnelle Darmepithel-Regeneration nach einer Schädigung des Gewebes, z.B. nach einem Infekt, eine große Rolle. Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass IL-18 die Muzin-Sekretion, die für eine stabile, die Epithelzellen schützende Schleimschicht sorgt, sowie die Bildung von neutralisierenden IgA-Schleimhautantikörpern positiv beeinflusst.
IL-18 und Darmmikrobiota beeinflussen sich gegenseitig
Zwischen der Mikrobiota und IL-18 besteht eine wechselseitige Beziehung. Defekte in der IL-18-Bildung führen zu einer verminderten Ausschüttung von antimikrobiellen Peptiden (AMP) durch die Paneth-Zellen der Darmschleimhaut. AMPs sind wichtig für die Abwehr von pathogenen Erregern, sie regulieren aber auch die Zusammensetzung der „normalen“ Darmmikrobiota. Ihre kontinuierliche, durch IL-18 stimulierte Ausschüttung ist deshalb essenziell für den Erhalt der bakteriellen Symbiose.
Die Zusammensetzung der Darmbakterien beeinflusst wiederum die IL-18-Produktion: Bakterielle Stoffwechselprodukte wie die biogenen Amine Histamin oder Puterescin hemmen die IL-18-Reifung im Dickdarm. Histamin und Puterescin werden von proteolytischen Bakterien (Proteobacteria) gebildet, die häufig bei Dysbiosen stark vermehrt sind. Dagegen korrelieren kurzkettige Fettsäuren (Acetat, Butyrat und Propionat) und die Mengen butyratbildender Bakterien wie Faecalibacterium prausnitzii sowie Akkermanisa muciniphila positiv mit IL-18. Butyrat sowie Vitamin A stimulieren die Bildung von IL-18.
IL-18 als Immunstimulator im entzündeten Darm
Bei einer Infektion oder einer Gewebeschädigung im Darmepithel stimuliert IL-18 die Immunantwort. Es induziert die Ausschüttung von IFN-γ in Th1-Lymphozyten und NK-Zellen und verstärkt so die Th1-Antwort. Zusammen mit IL-12 kann es außerdem die Lebensdauer und die Chemokin-Ausschüttung von Makrophagen erhöhen.
Anders als im gesunden Darm hat IL-18 bei vorhandener Mukosainflammation barriereschädigende Funktionen: Hohe Spiegel von IL-18 hemmen die Reifung von Becherzellen, was zu einer verringerten Muzinbildung führt. Hohe Mengen von IL-18 reduzieren außerdem die Expression des tight-junction-Proteins Occludin. Das verstärkt die Einwanderung von Granulozyten in die Darmschleimhaut.
Wann sollte IL-18 im Stuhl gemessen werden?
Im Stuhl messbares IL-18 stammt, im Unterschied zu anderen Zytokinen, in erster Linie aus dem Darmepithel selbst. IL-18 ist damit ein Marker für die intakte Immunregulation der Darmschleimhaut (Immunhomöostase).
Zu niedrige Werte können eine Dysbiose-Entwicklung und Permeabilitätsstörungen fördern, die Schleimhaut weniger resilient gegenüber Infektionen machen und die Reparatur von Gewebeschäden stören.
Zu hohe IL18-Werte sind dagegen hinweisend auf ein proentzündliches Geschehen, was oft im Kontext mit anderen Zytokinen im Stuhl oder granulozytären Entzündungsmarkern steht.
Kann vermindertes IL-18 durch Therapie erhöht werden?
Die Normalisierung von IL-18 im Stuhl sollte eine Basis der Darmschleimhauttherapie sein. Kurzkettige Fettsäuren, und damit in Zusammenhang stehend, eine ballaststoffreiche Ernährung sowie Taurin können die IL-18-Reifung über die Aktivierung des Inflammasoms fördern. Desweiteren erhöhen Vitamin A sowie Butyrat die Expression des IL-18-Gens (Abb. 1). Klinische Studien mit genauen Dosierungsanweisungen gibt es allerdings derzeit noch nicht.
Indikationen für die Messung von IL-18 im Stuhl
Ein IL-18-Defizit kann ursächlich beteiligt sein bei:
- persistierend erhöhter Schleimhautpermeabilität (leaky gut)
- therapieresistenter Dysbiose
- persistierender Mukosainflammation (↑ Zytokine, ↑ Histamin)
- häufigen und wiederkehrenden Darminfekten Material
Material
Für die Stuhlanalyse benötigen wir zwei zu 2/3 befüllte Stuhlröhrchen. Wie immer bei der Stuhldiagnostik muss der Transport der Stuhlröhrchen ins Labor per Kurier (temperaturstabilisiert) und innerhalb von 48 h erfolgen. Bitte ordern Sie unseren kostenfreien Kurier unter +49 30 77001-450.
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Literatur
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