Mangel an Mannose-bindendem-Lektin (MBL) im Blut
Ursache für eine verminderte Resistenz gegenüber Bakterien, Pilzen und Candida albicans
Das Mannose-bindende Lektin (MBL)  gehört zu den wichtigsten Komponenten der angeborenen Immunabwehr. Ein  Mangel an diesem Akute-Phase-Protein ist mit gehäuften hartnäckigen  Infektionen bzw. einer erhöhten Infektanfälligkeit verbunden.
MBL spielt eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr von Pilzen, Bakterien, Viren und Protozoen
MBL wird in der Leber gebildet. Es besitzt eine hohe Affinität für repetitive Mannose-haltige Kohlenhydratverbindungen auf der Oberfläche von zahlreichen Spezies von Protozoen, Pilzen, Bakterien und Viren. Daher bindet es auf diesen Erregern (Opsonierung) und löst damit eine Antikörper-unabhängige Aktivierung des Komplementsystems aus (Lectin-pathway of complement activation). Die Bindung von MBL und die ausgelöste Komplementaktivierung vermitteln gemeinsam die Lyse des Erregers und die schnelle Elimination durch phagozytierende Zellen der Immunabwehr (Granulozyten, Monozyten/Makrophagen) - first line defense.
Verminderte MBL-Serumspiegel sind genetisch bedingt
Das MBL-Gen liegt auf dem Chromosom 10. Es sind derzeit 5 Polymorphismen (Genvarianten) beschrieben, die maßgeblich die Serum-MBL-Konzentration beeinflußen. Drei inaktivierende Mutationen liegen im Exons 1 des MBL-Gens. Bei Vorliegen werden die Allele mit B, C und D bezeichnet, das normale unveränderte Allel mit A. Etwa ein Drittel der mitteleuropäischen Bevölkerung ist heterozygot für mindestens eine dieser Mutationen, was bereits mit einer erhöhten Infektanfälligkeit einhergehen kann. Homozygote Defekte (BB, CC, DD) betreffen ca. 0,3% der europäischen Bevölkerung und haben eine nahezu komplette MBL-Defizienz zur Folge. Zusätzlich gibt es 2 Polymorphismen in der regulatorischen Promoterregion des MBL-Gens, die ebenfalls verminderten MBL-Serumspiegel verursachen und damit für die klinischen Folgen verantwortlich sind.
Wie äußert sich ein MBL-Defekt klinisch?
Verminderte  MBL-Spiegel im Serum (< 450 ng/ml) gehen aufgrund des damit  assoziierten funktionellen Komplementdefektes mit einer erhöhten  Infektanfälligkeit gegenüber Bakterien, Pilzen und Hefen (v.a. Candida  albicans) einher. Ein MBL-Defekt kann aber auch Ursache einer  verminderten oder verzögerten Viruselimination sein (z.B. Herpes  genitalis - HSV-2). Im Gegensatz zu den meist klinisch objektivierbaren  homozygoten Defekten (Serum-MBL < 50 ng/ml), werden heterozygote  Mutationsträger häufig erst im Rahmen anderer Grunderkrankungen  auffällig (unter Strahlen-, Chemo- oder immunsuppressiver Therapie, bei  chronischen Infektionen). Typische klinische Krankheitsbilder sind die  rezidivierende Candidose oder bakterielle Infekte wie aggressive  Pneumokokkeninfektionen oder chronisch rezidivierende Atemwegsinfekte.
Wann sollte MBL im Serum bestimmt werden?
Bei  gehäuften bakteriellen oder viralen Infekten sowie rezidivierenden  Candidosen, besonders bei sonst unauffälligem Immunstatus (normale Zahl  und Verteilung der Granulozyten und Lymphozyten, unauffällige  Serumimmunglobuline).
Wann ist die genetische Untersuchung anzuraten?
MBL  ist als Akute-Phase-Protein während einer Infektion induzierbar. Somit  ist es möglich, dass in einer solchen Phase trotz latentem MBL-Mangel  der untere Normbereich vorübergehend erreicht wird. Wenn dies der Fall  ist, liegen im Infekt-freien Zeitraum weit niedrigere MBL-Werte vor, die  durchaus Ursache der Infektion sein können! Daher empfiehlt sich bei  niedrig normalen MBL-Spiegeln (Serumbestimmung 450-1500 ng/ml) die  genetische Bestimmung, da diese durch eine persistierende Immunaktivität  unbeeinflusst bleibt und hilft, abzuklären, ob der MBL-Wert nicht nur  vorübergehend artifiziell in den Grenzbereich gehoben wurde.
MBL-Mangel erhöht das Risiko für Autoimmun-Erkrankungen
MBL induziert u.a. auch die Phagozytose von apoptotischem Zellmaterial und Immunkomplexen. Bei MBL-Mangel stellen akkumulierte nicht phagozytierte Zelltrümmer eine Quelle für Autoantigene dar. Zusätzlich wird angenommen, dass MBL-defiziente Patienten verstärkt von Erregern infiziert werden können, die eine Pathogenese bei erregerinduzierten Autoimmunerkrankungen spielen.
Bei Patienten mit Systemischem  Lupus Erythematodes, Rheumatoid-Arthritis oder Sjögren Syndrom wurden  vermehrt erniedrigte MBL-Spiegel gefunden und diese Patienten sind  gehäuft Träger der Mutationen im MBL-Gen.
Was sind therapeutische Konsequenzen?
Nur erniedrigte MBL-Spiegel sind hinsichtlich eines Immundefektes relevant. Hohe Konzentrationen deuten auf ein aktives Infektgeschehen hin.
Substitutionsbehandlungen  mit rekombinanten oder aus Plasma angereicherten MBL-Konzentraten  befinden sich momentan noch in der klinischen Erprobung. Bei Patienten  mit erniedrigten MBL-Serumspiegeln sollten prophylaktische Impfungen,  besonders gegen Influenza, Hämophilus und Pneumokokken erfolgen. Bei  beginnenden oder manifesten Infektionen sollte die Indikationsstellung  für eine antibiotische/ antimykotische Therapie großzügig gestellt  werden.
Welches Untersuchungsmaterial wird benötigt?
Quantitative MBL-Bestimmung im Serum: 2ml Vollblut
Genetische MBL-Bestimmung: 2 ml EDTA-Blut
Bitte beachten Sie:
Ab  dem 01.02.2010 ist für die genetische MBL-Bestimmung lt.  Gendiagnostikgesetz eine Einwilligung des Patienten in schriftlicher  Form erforderlich. Ein entsprechendes Formular stellen wir Ihnen gern  zur Verfügung.
Abrechnung
Die quantitative MBL-Bestimmung im Serum und die genetische MBL-Untersuchung sind sowohl im gesetzlichen als auch im privatärztlichen Bereich (GOÄ) abrechenbar.
Literatur
- Koch A et al. Acute respiratory tract infections and mannose- binding lectin insufficiency during early childhood. JAMA(2001) 285; 1316- 1321
- Alan R. et al. Mannose-binding lectin in prediction of susceptibility to infection, Lancet, (2001), 358:597-680
- Kilpatrick D.C. Mannan- binding lectin and its role in innate immunity Transfusion Med.(2002)12; 335- 351
- Tsutsumi et al. Mannose binding lectin: Genetics and autoimmmun disease. Autoimmunity Reviews (2005), 4:364-372





