Molekulargenetische Mikrobiotadiagnostik

Da die meisten Darmbakterien strikt anaerob sind und bei Kontakt mit Luftsauerstoff schnell absterben, sind viele dieser Keime nicht mit klassischen Anzuchtverfahren kultivierbar. Um sie dennoch nachweisen zu können, macht man sich PCR-Verfahren zu Nutze. Hierbei wird die genomische DNA der Bakterien nachgewiesen, die auch noch intakt ist, wenn die Bakterienzelle keine Vermehrungs- oder Stoffwechselaktivität mehr aufweist.

Was ist eigentlich PCR?

PCR ist die Abkürzung für Polymerase-Kettenreaktion (oder englisch polymerase chain reaction). Bei der PCR wird das „im Reagenzglas“ nachgebastelt, was natürlicherweise in jeder Körperzelle passiert: Die Erbsubstanz DNA wird vervielfältigt. Sowohl im Reagenzglas als auch in der Zelle braucht es dazu ein Werkzeug, das Enzym DNA-Polymerase. Dieses Enzym kann einzelne DNA-Bausteine (die Basen A, C, T und G) aneinanderketten. Bei der DNA, die aus zwei Strängen, also zwei Ketten dieser Bausteine besteht, dient dabei eine der Ketten als Bauplan für die zweite.

Bei der PCR wird nur ein kurzer Abschnitt der DNA kopiert. Dieser Abschnitt muss bestimmte Kriterien erfüllen: Um z.B. ein bestimmtes Bakterium nachzuweisen, muss man einen Bereich der DNA finden, der eine Sequenz (Reihenfolge der vier Bausteine) hat, die nur in diesem einen Erreger vorkommt. Mit den sogenannten Primern wird der Start und das Ende dieses Abschnitts festgelegt. Er wird dann mit Hilfe der Polymerase viele Male kopiert (Amplifikation). Wenn sich ein bestimmtes Bakterium in der Probe befand, liegen nach Abschluss der PCR viele Millionen DNA-Kopien dieses Bakteriums vor, die aufgrund ihrer großen Menge nun leicht sichtbar gemacht werden können (Detektion). Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, Grundlage ist aber immer ein Farbstoff, der die DNA sichtbar macht.

Verschiedene Verfahren der PCR-basierten Mikrobiotadiagnostik

Eine verbreitete Methode zur Mikrobiom-Analyse ist die 16S-Sequenzierung. 16S bedeutet dabei, dass der Abschnitt der genomischen DNA, der für die 16S-ribosomale RNA kodiert, zur Identifizierung von Bakterien verwendet wird.

Variable Bereiche innerhalb der 16S-rDNA ermöglichen die Differenzierung aller in einer Stuhlprobe vorhandenen Bakterien. Die Zuordnung der gefundenen Sequenzen in einer Probe erfolgt über Sequenz-Datenbanken, in denen die 16S-Sequenzen der meisten bekannten Bakterienarten hinterlegt sind. Die Mengen jeder Spezies bzw. Speziesgruppe können dabei lediglich als relativer Anteil in Prozent ermittelt werden. Eine Quantifizierung, also eine Angabe in KBE/g, ist bei dieser Art der Analyse nicht möglich.

Am IMD Berlin führen wir eine neue Art der PCR durch, bei der die 16S-rDNA nicht sequenziert wird, sondern durch Hybridisierung mit spezifischen Sonden nur solche Bakterien nachgewiesen werden, die nachweislich eine bekannte Bedeutung für Darmerkrankungen oder systemische Darm-assoziierte Pathomechanismen haben.

Die Grundlage dieses Molekulargenetischen Mikrobiota-Profils ist das CE-zertifizierte Kit GA-map Dybiosis Test Lx der Norwegischen Firma Genetic Analysis. Das Verfahren ist standardisiert, d.h. von der Probenaufarbeitung bis hin zur Datenauswertung vom Hersteller validiert. Dadurch sind die Ergebnisse zwischen Laboren, die diese Methode anwenden, vergleichbar. Bei der herkömmlichen 16S-Sequenzierung ist das so nicht gegeben, da hier jedes Labor in Ermangelung standardisierter Verfahren, die Prozesse selbst entwickeln muss. Es hat sich gezeigt, dass Unterschiede, insbesondere in der Testdurchführung und in der abschließenden Bewertung der Daten einen großen Einfluss auf das finale Ergebnis haben können.

Das größte Alleinstellungsmerkmal der PCR von Genetic Analysis ist allerdings, dass sie auf einer validierten klinischen Interpretation beruht. Das Testkit ist entwickelt worden, um das Vorliegen einer Dysbiose bei Patienten mit Reizdarmsyndrom und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zu diagnostizieren. Für die Entwicklung des Tests wurden daher zunächst Bakterien selektiert, die besonders gut zwischen gesunden Probanden und Patienten mit gastrointestinalen Beschwerden (Reizdarmsyndrom und chronische entzündliche Darmerkrankungen) diskriminieren und das Verfahren anschließend mit erkrankten und gesunden Kohorten aus verschiedenen Europäischen Ländern validiert.  

Auf Basis dieser Validierung unter klinischen Gesichtspunkten, sind mit dem Test klinische Aussagen zur Schwere einer Dysbiose, zur bakteriellen Diversität sowie zur Butyratbildung, Mukosaprotektion, Kolonisationsresistenz und zu proinflammatorischen Bakterien möglich.

 

Literatur

  • Casen, C., et al. "Deviations in human gut microbiota: a novel diagnostic test for determining dysbiosis in patients with IBS or IBD." Alimentary pharmacology & therapeutics 42.1 (2015)
  • Hiergeist, Andreas, Udo Reischl, and Andre Gessner. "Multicenter quality assessment of 16S ribosomal DNA-sequencing for microbiome analyses reveals high inter-center variability." International Journal of Medical Microbiology 306.5 (2016)
  • Vatn, S., et al. "Faecal microbiota signatures of IBD and their relation to diagnosis, disease phenotype, inflammation, treatment escalation and anti-TNF response in a European Multicentre Study (IBD-Character)." Scandinavian Journal of Gastroenterology 55.10 (2020)